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VERSTECKTES GLUTEN - MYTHOS ODER WAHRHEIT?

Wer glaubt, dass er ausschließlich auf die „richtige“ Kennzeichnung auf Produkten vertrauen kann, ist unter Umständen einer hohen, ungewollten Belastung mit Gluten ausgesetzt.

Zöliakie (CD) ist eine systemische immunvermittelte Erkrankung, die durch die Einnahme von Gluten bei genetisch anfälligen Personen verursacht wird. Es ist eine der häufigsten lebenslangen Erkrankungen, von der etwa 1 % der Bevölkerung in Europa und Nordamerika betroffen ist (1,2). Die einzige verfügbare Behandlung für Zöliakie ist die glutenfreie Diät (GFD), die aus dem diätetischen Ausschluss von glutenhaltigem Getreide (d.h. Weizen, Roggen, Gerste, Triticale, Grieß oder Hartweizen, Dinkel und Kamut) besteht (3). Trotz der anerkannten Wirksamkeit der glutenfreien Ernährung ist eine strikte Einhaltung dieser sehr schwierig zu erreichen, wobei mehrere Studien berichten, dass bei bis zu 50 % der Zöliakiepatienten es zu absichtlicher und unabsichtlicher Glutenaufnahme kommt (3,4). Die langanhaltende Aufnahme von Spuren von Gluten (10–50 mg täglich) kann die Dünndarmschleimhaut schädigen (5). In einer kürzlich durchgeführten Studie wurde die durchschnittliche unbeabsichtigte Glutenexposition von Zöliakie-Patienten auf ca. 150–400 mg/Tag (Mittelwert) geschätzt, wobei ein hoher Anteil von Zöliakie-Patienten routinemäßig mehr als 200 mg Gluten pro Tag zu sich nimmt (6).

Nicht jeder Betroffene reagiert auf verstecktes Gluten

Nur bei 10 bis 20 Prozent der Zöliakie-Betroffenen liegt das sogenannte Vollbild der Zöliakie vor - viele haben untypische oder gar keine Symptome und ahnen daher lange nichts von ihrer Erkrankung. In vielen Fällen zeigt sich die Erkrankung aber auch nur indirekt durch die Folgen der Mangelernährung. So kann Eisenmangel eine Blutarmut bewirken oder unzureichende Kalziumaufnahme zu einer Osteoporose führen. Bleibt die Glutenunverträglichkeit unerkannt, kann es bei Kindern und Jugendlichen durch die Mangelversorgung zu Entwicklungsverzögerungen kommen. Bei Erwachsenen drohen als weitere Komplikationen unter anderem Unfruchtbarkeit und Darmkrebs.

Was verstehen wir unter "verstecktem" Gluten?

Wir verstehen unter „verstecktem Gluten“ das Gluten in Produkten, das für den Konsumenten nicht ersichtlich bzw. sichtbar ist. Und dafür gibt es verschiedene Ursachen:

⁠1) Restgluten in glutenfreien Produkten: hier dürfen in Deutschland immer noch 20ppm (2mg/kg) enthalten sein. Selbst Lebensmittel mit 100ppm Gluten dürfen noch als „Speziell formuliert für Menschen mit Zöliakie“ beworben werden, wenn das Lebensmittel in spezieller Weise hergestellt wurde, um den Glutengehalt zu reduzieren. (7)

⁠2) Lebensmittel die mit Gluten kontaminiert wurden. Entweder bei der Herstellung oder bei der Zubereitung. Die Lebensmittelüberwachung verwendet hierbei den Schwellenwert von 80 ppm. Alles drunter wird nicht verfolgt. So konnte in Studien gezeigt werden, dass glutenfreie Nudeln im gleichen Wasser wie glutenhaltige Nudeln gekocht, bis zu 115.7 ppm Gluten enthielten. (8)

⁠3) Falsch oder nicht gekennzeichnete Lebensmittel. Es ist ein Irrglaube, dass in Deutschland alle Lebensmittel richtig gekennzeichnet sind. Jedes Jahr veröffentlichen die Untersuchungsämter der Lebensmittelüberwachung Baden-Württemberg ihre Allergie Bilanz. Ein Report, wo auch Gluten untersucht wird.

Dabei werden auch als „glutenfrei“ gekennzeichnete Produkte untersucht.  Es zeigte sich, dass in den letzten Jahren auch immer wieder Gluten in eigentlich glutenfreien Produkten gefunden werden konnte. Höhepunkt war nach 2014 und 2018 im Jahr 2021 mit 6% der untersuchten Proben, wobei sogar knapp 4 % über den maximal zulässigen Wert von 20 ppm lagen. Da es sich hierbei dann um ein für Zöliakie-Betroffene gesundheitsschädliche Produkt handelt, erfolgte der öffentliche Rückruf der Produkte.

Tabelle_2

Neben den „glutenfrei“ gekennzeichneten Produkten wurden jedes Jahr aber auch hunderte von klassischen Fertigprodukten untersucht. Dabei wurden sowohl fertig verpackte Produkte, wie auch unverpackte Produkte (offene Theke) untersucht. Auffällig ist dabei, dass vor allem bei Fertigprodukten viele falsch gekennzeichnete Produkte gefunden wurden. In 2016 waren noch 23% aller untersuchten verpackten Produkte über den Schwellenwert von 80 ppm und wurden beanstandet, so waren 2021 bei der offenen Ware immer noch 31% aller untersuchten Produkte glutenhaltig (>80ppm), obwohl Gluten nicht gekennzeichnet war. (9,10)

Tabelle_1

Wer also glaubt, dass er ausschließlich auf die „richtige“ Kennzeichnung auf Produkten, in Restaurants oder auf Reisen und bei Freunden vertrauen kann, ist unter Umständen einer hohen, ungewollten Belastung mit Gluten ausgesetzt.

Das Ziel eines jeden Betroffenen einer Gluten-Intoleranz muss sein, so wenig Gluten aufzunehmen wie irgend möglich und hierzu können Enzyme, als zusätzliche Hilfsmittel zu einer „vermeintlich“ glutenfreien Ernährung, unterstützen.
⁠Klar ist aber, dass ein Enzymprodukt wie GluteoStop eine glutenfreie Ernährung nicht ersetzen kann. ABER es kann zusätzlich zu einer glutenfreien Ernährung helfen, die ungewollte und unwissentliche Belastung mit Gluten zu reduzieren. Und darum geht es doch schließlich, so wenig Gluten wie möglich seinem Körper zuzufügen.

 

QUELLE:

1. Fasano A, Catassi C. Clinical practice. Celiac disease. N Engl J Med 2012;367:2419–26.

2. Lionetti E, Castellaneta S, Francavilla R, et al. Introduction of gluten, HLA status, and the risk of celiac disease in children. N Engl J Med 2014;371:1295–303.

3. Lionetti E, Catassi C. New clues in celiac disease epidemiology, pathogenesis, clinical manifestations, and treatment. Int Rev Immunol 2011;30:219–31.

4. Hall NJ, Rubin G, Charnock A. Systematic review: adherence to a gluten-free diet in adult patients with coeliac disease. Aliment Pharmacol Ther 2009;30:315–30.

5. Catassi C, Fabiani E, Iacono G, et al. A prospective, double-blind, placebo-controlled trial to establish a safe gluten threshold for patients with celiac disease. Am J Clin Nutr 2007;85:160–6.

6. Syage JA, Kelly CP, Dickason MA, et al. Determination of gluten consumption in celiac disease patients on a gluten-free diet. Am J Clin Nutr 2018;107:201–7.

7. DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) Nr. 828/2014 DER KOMMISSION vom 30. Juli 2014 über die Anforderungen an die Bereitstellung von Informationen für Verbraucher über das Nichtvorhandensein oder das reduzierte Vorhandensein von Gluten in Lebensmitteln

8. Weisbrod VM, Silvester JA, Raber C, McMahon J, Coburn SS, Kerzner B. Preparation of Gluten-Free Foods Alongside Gluten-Containing Food May Not Always Be as Risky for Celiac Patients as Diet Guides Suggest. Gastroenterology. 2020 Jan;158(1):273-275. doi: 10.1053/j.gastro.2019.09.007. Epub 2019 Sep 24.

9. Waiblinger HU, Schulze G. Action Levels for Food Allergens: An Approach for Official Food Control in Germany. J AOAC Int. 2018 Jan 1;101(1):17-22.

10. https://www.ua-bw.de/